Käse und mehr…

Nur kurz streife ich die Sarntaler Alpen bevor ich in das Ultental und damit in den Naturpark Stilfser Joch aufsteige. Südlich am Ortler vorbei muss ich dem Wetter Tribut zollen und drei geplante Bergtouren in der Adamello in Tal- bzw. Höhenwegswanderungen umwandeln. Ein kurzes Wetterfenster nutze ich dann doch zur Besteigung des Rabbi Passes. Unterwegs schaue ich neugierig in eine am Weg liegende Alpe und treffe Antonio, den Älpler. Er ist sichtlich erfreut, in dieser gottverlassenen Gegend ein wenig Unterhaltung zu haben. Stolz zeigt er mir die Alpe. Eine der wenigen hier, in der noch gekäst wird. Natürlich muss ich den Käse, die Milch und das selbstgebackene Brot probieren. Köstlich. Wir sitzen vor dem Haus und es fällt mir schwer, weiter zu ziehen. Man merkt ihm seine tiefe Selbstzufriedenheit an. “Mit einer Frau hat er es mal probiert, doch das war nichts hier oben,” erzählt er. Ein paar Jahre hat er in Südtirol gearbeitet, die Verständigung klappt mit einem Italienisch/Deutsch Mix ganz gut. Nach fast zwei Stunden geht es mit vollem Bauch weiter.

Antonio vor seiner Alpe

Leider erwartet mich auf fast 2500m eine dicke Nebelsuppe und Regen. Keine Experimente mehr! Über den Tonale Pass und Ponte Legno erreiche ich Edolo.

In der Adamello müssen die Bienenstöcke mit Elektrozäunen vor Schleckermäulchen geschützt werden. Den Bären.

Der Aprica Pass führt mich in einem chaotischen Abstieg in das Val Vatellina, dem ich bis zum Comer See über einen wunderschönen Höhenweg folge.

Gewitterstimmung über der Adamello

1007 km und 39867 hm liegen hinter mir. Und die Schuhe sind durch!

Meine liebe Frau ist zum Comer See gekommen und bringt mir neue Schuhe mit. Wir verbringen zwei ruhige Tage. Danke, Lisa!

Die neuen Meindl passen natürlich

Fragen…

Fragen, die mich von Euch erreichten.

Mobilität nur per pedes. Keine Seilbahnen, Busse, Bahn etc. Das einzige, was ich mir gönne, ist das Schiff über den Comer See und den Lago Maggiore.

Warum meine Tour auf der Alpensüdseite? Nicht nur des vermeintlich besseren Wetters wegen. Die für mich unbekannteren Alpenregionen liegen nun mal auf der Südseite.

Packliste versuche ich hier bald mal einzustellen.

Wäsche waschen. Je nach Möglichkeit und Bedarf. Alle 2-3 Tage im Waschbecken.

Allein in den Bergen? Eigentlich sollte man nicht… Viele Jahre Erfahrung und Vorsicht machen das Risiko überschaubar. Das Leben ist nun mal lebensgefährlich.

Alte Bekannte

Von der Kostner Hütte geht es steil hinauf zur Sella Gruppe. Auch wenn ich schon zweimal auf ihm gestanden bin, bei dieser tollen Sicht muss ich den Piz Boe einfach mitnehmen. Mit 3152 m ist er der höchste Gipfel der Sella und meiner Tour. Kurzer Abstieg zur Pordoi Hütte, eine alte Bekannte. Vor 14 Jahren während meiner München-Venedig Wanderung übernachtete ich ebenfalls in der Pordoi. Graziano, der Wirt, begrüßt mich genauso herzlich wie damals. Als ich ihm von meinem zweiten Mal in seiner Hütte erzähle, ist ein netter Hüttenabend gesichert. Der Rotwein und Grappa gehen aufs Haus. Und wie vor damals bin ich auch heuer der einzige Übernachtungsgast. “Ich soll mir nicht wieder 14 Jahre für einen Besuch Zeit lassen”, verabschiedet mich Graziano am nächsten Morgen. Ein netter Kerl.

Der Piz Boe

Auf dem Piz Boe treffen drei italienische Provinzen aufeinander. Südtirol, Belluno und das Trentino. Rund um die Sella sind die Ladiner zu Hause. Sie pflegen ihre Kultur und Sprache, wobei Ladinisch kein Dialekt, sondern eine eigene Sprache ist.

Atemberaubendes Panorama – Marmolada, Civetta, Monte Pelmo bis hin zur Cristallo

Abstieg von der Sella durch das immer noch tiefverschneite Val Vaselina. Ein mulmiges Gefühl.

Weiter über das Sellajoch, vorbei am Plattkofel in das Bärenloch. Drahtseilgesichert steil hinunter wie in einen Höllenschlund.

Die Marmolada mit 3343 m höchster Berg der Dolomiten. Auch ihr Gletscher ist bis auf einen kleinen Rest verschwunden.

Der Nationalpark Schlern Rosengarten ist erreicht.

König Laurins Reich

Die Dolomiten

Für Reinhold Messner sind es die schönsten Berge der Welt und ich kenne sie mittlerweile gut. Ohne Zweifel – sie sind faszinierend. Ich durchquere die Dolomiten in acht Tagen von Südost nach Nordwest. Ein Wandererleben würde kaum ausreichen, alle Perspektiven und Besonderheiten dieses 250 Millionen Jahre alten “Korallenriffs” zu erfassen. Vom Rifugio Citta di Carpi erreiche ich auf einem Höhenweg an der Cristallogruppe entlang Cortina d’ Ampezzo. Cortina ist umringt von den wohl schönsten Bergen der südlichen Dolomiten. Leider auch von der hässlichsten Skiinfrastruktur. Wie das mit dem Status Weltnaturerbe zusammenpasst, ist mir ein Rätsel.

Cortina

Vom Rifugio Galina breche ich früh auf, eine lange Tour zur Sella liegt vor mir. Der Weg ist vom abendlichen Gewitter glitschig. Konzentriert auf den Weg bemerke ich ihn zunächst nicht. Als ich aufschaue steht er da – ein Wolf! Keine 30 m von mir und schaut mich an. Fünf Sekunden später verschwindet er wieder hinter einem Grat. Wow! Wie lange hatte ich mir eine Wolfsbegegnung in freier Wildbahn gewünscht. Leider ließ er mir für ein Foto keine Zeit. Egal – ein irgendwie magischer Moment, den ich nicht mehr vergessen werde.

Der letzte Aufstieg des Tages zur Kostnerhütte erschien mir aufgrund einer riesigen Gewitterzelle, die sich über der Sella gebildet hatte, zu gefährlich. Also Abstieg nach Corvara mit dortiger Übernachtung. Am nächsten Morgen zusätzliche 1000m Aufstieg zur Kostnerhütte. Das macht munter!

Die Franz Kostner Hütte

Ich freue mich auf das geplante Familientreffen in Ums am Schlern.

Rückblick: Servus Österreich. Saluti, Italia.

Der Übergang ins Lessach Tal über das Joch und den Schatzbichl wird zum Abenteuer. Nach 2h Aufstieg wird der Weg immer schlechter, kaum noch sichtbar und verschwindet schließlich im Nirwana. Ich probiere einen anderen Weg, der an einem unüberwindbaren Abhang endet. Schluss, Abstieg! Einer Stunde frustriertem Abstieg folgen 9 km Straße! ins Lessach Tal. Ein Tag zum Vergessen.

Bevor am nächsten Tag der Aufstieg zum Hochweißsteinhaus beginnt, sind noch einige Kilometer im Tal zu bewältigen. “Kunstschmiede” steht in kunstvollen Lettern an einem Haus. Neugierig schaue ich in die Werkstatt. Konrad begrüßt mich herzlich. Er betreibt die Schmiede seit 1990. Stolz zeigt er mir einige seiner Schmiedearbeiten. Beeindruckend! Seit seiner Kindheit lebt er im Lessachtal und beobachtet intensiv die Auswirkungen des Klimawandels im Tal. Nach einer Stunde muss ich weiter, obwohl ich ihm noch stundenlang zuhören könnte.

Nach 3h Aufstieg vorbei an vielen Lawinenabgängen erreiche ich das Hochweißsteinhaus. Eine Truppe der Alpenvereinssektion Austria, alle 70 Jahre und älter, ist hier oben, um Wegepflege etc. zu betreiben. Ein netter Hüttenabend ist garantiert.

Eiskalt!

Am nächsten Morgen mache ich mich auf, den Karnischen Hauptkamm zu überqueren. Beim Aufstieg muss ich mich wieder durch viele Schneefelder kämpfen. Überall sind Hinterlassenschaften des 1. Weltkrieges zu sehen. Die Grenze auf dem Kamm erreiche ich schnell und damit die südlichen Dolomiten.

Der Hochweißstein