Die nördlichen Rockies begleiten uns noch lange, während sich im Westen die Coast Mountains auftun. So gewaltig habe ich mir diese nicht vorgestellt und ich freue mich schon auf unseren Rückweg, wo wir zwar leider den selben Weg nehmen müssen aber einige Trails in dem Küstengebirge planen.
Mehrere Schwarzbären und einen Grizzly konnten wir bisher beobachten, es stimmt uns allerdings sehr traurig an einem überfahrenen Jungbären vorbei zu kommen.
Der Cassira Highway führt uns durch große abgebrannte Waldflächen. Wie stumme Zeugen ragen die schwarzen, verkohlten Stämme in den Himmel. Rund 100 Jahre dauert es, bis sich die borealen Wälder von so einem Brand regeneriert haben. Die Kanadier haben eine andere Art mit Waldbränden umzugehen, sie akzeptieren es als unvermeidlich und versuchen das Beste daraus zu machen. Wobei das bei der Massivität der Brände in den letzten Jahren immer schwieriger wird. Uns nervt der ständige Brandgeruch verbunden mit dem blauen Dunst schon seit Tagen. Aber es sollte sich noch steigern…
Watson Lake ist einer der typischen Orte an den Highways, der außer einer Tankstelle und einem kleinen Laden nichts aufregendes zu bieten hat. Doch Watson Lake ist durch seinen skurrilen Schilderwald weltberühmt geworden. Tausende von Reisenden hinterließen hier zehntausende Schilder vom Autokennzeichen über ganze Ortsschilder bis hin zu allem, was irgendwie mit Schildern zu tun hat.
Mittlerweile sind wir im YUKON Territory angekommen. Unvermittelt fällt mir Jack Londons “Alaska Kid” ein, in dem er bei der Beschreibung der Härte des Lebens im Norden immer wieder diesen Fluss in den Mittelpunkt stellt.
Am nächsten Tag erreichen wir Whitehorse. Die mit 30.000 Einwohnern größte Stadt im Yukon. Ein nettes Städtchen mit allen üblichen Einkaufsmöglichkeiten, Cafés und Restaurants. Bevor es noch tiefer in die Wildnis geht, gönnen wir uns abends in einer Bar ein in Whitehorse gebrautes Bier. Die Nachrichtenlage stimmt bedenklich. Zwar sind es immer noch fast 500 km bis zum Abzweig des Dempster Highways doch bei Dawson City wüten zwei Brände und der Top of the World Highway, den wir fahren wollen, ist gesperrt. Trotzdem machen wir uns auf den Weg. Der Klondike Highway begleitet uns und wir hoffen, dass die Brände, wie vorausgesagt, weiter eingedämmt werden. Zehn Kilometer hinter Whitehorse erwischt uns ein Steinschlag, der einen 10 cm langen Riss in der Windschutzscheibe hinterlässt. Zurück in Whitehorse finden wir schnell eine Reparaturwerkstatt für Glasbruch und in einer halben Stunde sind wir wieder on the Run.
Nach zwei Tagen ist der Abzweig des Dempster Highways fast erreicht, als wir uns einer Rauchsäule nähern. Direkt am Abzweig befindet sich eine Tankstelle, für die nächsten 370 km die letzte. Auch wenn wir gut 800 km weit kommen, füllen wir zusätzlich unseren Reservekanister auf und reduzieren für die Schotterpiste den Luftdruck auf 3,5 bar. Die Rauchsäule im Westen wird immer bedrohlicher und binnen Minuten sehen wir sogar die ersten Flammen auf einem Hügel lodern. Ohne Zögern nehmen wir den Dempster unter die Räder. Nach zehn Kilometern halten wir für einen Blick zurück und hoffen, dass die Tankstelle verschont bleibt. Zunächst atmen wir erst einmal durch und freuen uns auf einer der “Traumstraßen der Welt” angekommen zu sein. Allerdings wird die Weiterfahrt nach 10 Minuten gestoppt. Östlich von uns wird wieder eine Rauchsäule sichtbar. Spontan entschließen wir uns umzudrehen, in der Hoffnung, nach Dawson durchzukommen. Kurz danach kommt uns ein Wohnmobil entgegen. Es sind die Landsberger, die wir bereits in Whitehorse getroffen haben. Sie überzeugen uns von der Sinnlosigkeit zurückzufahren, da der Dempster mittlerweile gesperrt ist. Wir drehen erneut um und erreichen nach zwei Stunden unser erstes Ziel auf dem Dempster, den Tombstone National Park Campground.
Was für eine Landschaft am Dempster! Die borealen Wälder werden von der Tundra abgelöst. Am nächsten Morgen erfahren wir, dass Eagle Plains, die nächste Tankstelle, gesperrt ist. Fort McPherson, die Tankstelle danach, erreichen wir mit unserem Dieselvorrat aber locker. Also fahren wir weiter und steuern den nächsten Campground am Engineer Creek an. Leider wird der Zustand des Weges immer schlechter und er soll sich bis Eagle Plains weiter verschlechtern. Klar haben wir davon gewusst und uns dementsprechend vorbereitet. Allerdings konnten wir nicht ahnen, dass die Wartungstrupps die Schäden des Winters noch nicht in Gänze ausgebessert haben.
Vernunft besiegt Abenteuerlust. Die Vernunft hatte mit Lisa eine starke Verbündete und wir entschließen uns, zu Gunsten unseres Womos umzudrehen. In der Parkverwaltung des Tombstones erfahren wir, dass der Dempster momentan geöffnet ist, was aber kein Dauerzustand sein muss. Kurz entschlossen nehmen wir die letzten 80 km unter die Räder und erreichen abends Dawson City. Wir freuen uns, den Dempster mit seinem landschaftlich schönsten Teil heil hinter uns gebracht zu haben. Weiter geht es Richtung Alaska.








