Der große Strom

Fast 3000 km fließt der St.-Lorenz-Strom seiner Mündung in den St.-Lorenz-Golf entgegen. Durch die großen Seen teils unter anderem Namen. Ab Quèbec-City übernehmen langsam das Salzwasser sowie die Gezeiten die Oberhand. In Rivérie du Loup nehmen wir die Fähre an das Nordufer. Die 80-minütige Überfahrt ist heftig, das Wetter verschlechtert sich zunehmend.

Es regnet drei Tage fast ununterbrochen. Von der Landschaft der Charlevoix und dem Nationalpark Grand-Jardin sehen wir leider nicht viel. Wir entschließen uns, lieber gleich Quèbec-City anzusteuern. Auf dem Weg dorthin sehen wir uns noch ein besonderes Naturschauspiel  an – die Montmorency Fälle. Zwar sind diese bei weitem nicht so breit wie die Niagara Fälle aber mit 83 m Fallhöhe 30 m höher als ihr großer Bruder bei Toronto.

Die Welterbe Stadt Québec-City bringt wohl am meisten von Europa nach Nordamerika. Klein Paris wird diese wegen ihrer französischen Sprache und Lebensart genannt. Die auf einem Hochplateau thronende Stadt besitzt die einzige komplett erhaltene Stadtmauer Amerikas. Am berühmtesten aber ist wohl das alles überragende Luxushotel Frontenac in der Haute-Ville mit der Terrasse Dufferin, über die man auch in die Zitadelle gelangt. Die Altstadt hat wirklich einen eigenen Charme. Überall begegnet man dem Nationalstolz der Frankokanadier, die in ihrem Herzen doch eher Franzosen sind. Einiges fällt uns noch auf in der Provinz Quebec: Deutlich weniger SUV und Pick-Up sieht man auf den Straßen und diese sind deutlich besser als in den bisher bereisten Provinzen. Die Menschen sind bei weitem sportlicher und schlanker, was wohl zum einen an der besseren Ernährung und zum anderen an dem ausgewogeneren Warenangebot liegt.

Autofahren in Kanada

Allenthalben entspannt und voller Respekt. Die Straßen sind in 9 Kategorien eingeteilt, wobei 9 Schotter bedeutet. Die Straßenzustände teils auch auf den Highways sind oft miserabel. Das Vorankommen allerdings ist Top und nicht mit deutschen Autobahnen zu vergleichen. Stellt man den Tempomat auf 110 und fährt zwei Stunden ist man mindestens 190 km weiter. Alles fließt… An die 100 km/h Begrenzung hält sich niemand, selbst die LKW fahren grundsätzlich 110.

Auf der Chemin de Roy (Königsweg), die am Nordufer des St.-Lorenz-Stromes Ouébec-City mit Montreal verbindet, bummeln wir durch eine reizvolle Landschaft. Die Chemin wurde 1783 fertiggestellt und sollte die Städte am Strom verbinden. Wir biegen kurz vor Trois-Rivéries in Richtung Norden ab und erreichen den La-Maurice Nationalpark. Eine Bergtour zum Lac de Solitaire belohnt uns mit tollen Ausblicken auf den See. Auf dem Weg nach Montreal nehmen wir einen kleinen Umweg in Kauf und steuern einen Segelflugplatz in Saint-Dominique an. Leider ist kein Flugwetter. Nette Gespräche mit den anwesenden Mitgliedern folgen, die Einladung am Platz zu übernachten, nehmen wir gern an.

Küste ohne Ende

Cape Breton wird umrundet vom Cabot Trail einer rund 400 km langen Küstenstraße. Sie soll die schönste Nordamerikas sein. Die Straße führt durch den Cape Breton Highlands Nationalpark.

Kanadas Nationalparks

45 an der Zahl, die zusammen mehr als die Fläche Deutschlands ausmachen. Die Parks sind perfekt organisiert. Die Ranger verstehen keinen Spaß bei Verstößen gegen die Regeln, gleichzeitig sind sie äußerst hilfsbereit. Wild campen in den Parks ist verboten, außerhalb wird es toleriert. Die Campgrounds sind großzügig angelegt und überwiegend gut ausgestattet. Sogar Holz fürs Lagerfeuer wird meist bereit gestellt, was wir gleich zum Würstchen grillen nutzen. Ein Lagerfeuer lassen sich die Kanadier nicht verbieten. Viele Trails jeglichen Schwierigkeitsgrades laden zum Wandern ein. Offiziell öffnen die Nationalparks erst am 16. Mai, man kann sie aber schon vorher nutzen. Bis 16. Mai kostenlos. Danach fallen für die Nationalparks und Campgrounds eine Gebühr an. Die Campgrounds werden mittels eines Umschlages bezahlt, in den man die Gebühr in bar hinterlegt und in eine Art Briefkasten einwirft.

Cape Breton ist dünn besiedelt. Man lebt vom Tourismus und der Fischerei. Vor der Küste befinden sich die reichsten Fanggründe für Lobster (Hummer). Überall werden sie zum Verkauf angeboten, besonders fangfrisch in den Häfen.

Obwohl zum Beispiel Halifax auf der geographischen Breite von Mailand liegt, sind wir gefühlt im April unterwegs. Die Bäume zeigen erst zarte Knospen und kein Grün. Die Nachttemperaturen befinden sich im tiefen einstelligen Bereich. Wir erleben also zum zweiten Mal den Frühling.

Die Hopewell Rocks und der Peticodiac River, im Volksmund Chocolate River genannt, sind unser nächstes Ziel. Der Fluss ist der mit dem höchsten Tidenhub weltweit. Er schiebt in seiner immer braunen Brühe eine zwei Meter hohe Welle bei einsetzender Flut vor sich her. Besonders gut lässt sich dieses Schauspiel in der Stadt Muncton beobachten.

Wir erreichen Quebec, die größte Provinz Kanadas. Man spricht Französisch, die englischen Straßenschilder verschwinden völlig. Köstliche französische Croissant erweitern unseren Speiseplan, lecker. Die Gaspè Halbinsel oder Gaspesiè wird eingerahmt vom Sankt-Lorenz-Golf. Unsere zweite Bergtour führt uns auf den Saint Joseph, einen Pilgerberg direkt an der Küste gelegen mit tollem Panoramablick. Wir durchqueren die fast menschenleere Gaspesiè und übernachten im Nationalpark. Leider verhindert ein Gewitter unsere nächste Bergtour und wir fahren weiter und erreichen bei Ste-Anne-des-Monts den Sankt-Lorenz-Strom.

“Sie haben ihr Ziel erreicht”

Zumindest das Erste. Perfekter hätte alles nicht funktionieren können. Der Flug über den Nordatlantik war trotz einer kleinen 737-800 überraschend angenehm. Die Formalitäten in Halifax sind schnell erledigt, so dass wir unser Womo im besten Zustand im Hafen abholen können.

Wasser fassen, Gas und diverse Utensilien, die wir im nicht einführen durften, einzukaufen, beschäftigte uns einen ganzen Tag. Die Besichtigung von Halifax am nächsten Tag ist natürlich Pflicht, obwohl ein wenig enttäuschend. Um die kleine erhaltene Altstadt herum, gruppieren sich Hochhäuser im 70er Jahre Stil. Allerdings ist ein Spaziergang an der Küstenmeile sehr interessant

Am nächsten Morgen klopft jemand an unsere Tür. Hartmut aus Nagold im Schwarzwald mit Beverly seiner Frau. Er ist seit 1997 in Kanada, kommt auch gern zu Besuch nach D. Zurückkehren würde Hartmut allerdings nicht, wobei er klar sagt, dass in Kanada sicher nicht “alles Gold ist, was glänzt”. Er gibt uns den Tip die Lindsay Lake Farm zu besuchen, ein Ehepaar aus Niedersachsen würde dort eine Bisonzucht betreiben.

Die Farm liegt auf unserem Weg Richtung Cape Breton, so daß wir den kleinen Umweg gern in Kauf nehmen. Jan und Christine begrüßen uns herzlich. Sie sind 2019 ausgewandert, haben ihren Hof in Einbeck (Niedersachsen) verkauft und sich die Lindsay Lake Farm 1000 ha samt See in Nova Scotia gekauft. Seit letztem Jahr nennen sie eine Herde Bisons ihr Eigen. Heuer wurden bereits die ersten neun Kälber geboren. Gleichzeitig setzen sie auf Fremdenverkehr und haben einen kleinen Campground angelegt, auf dem wir direkt neben den Bisons übernachten.

Am nächsten Tag erreichen wir den Cape Breton Highlands Nationalpark. Wir wandern den Coving Trail, der an einem Wasserfall endet. Auf dem Rückweg sehen wir unseren ersten Schwarzbären.

Unser Abenteuer beginnt

Nach einem halben Jahr Planung gibt es nun kein Zurück mehr! Morgen startet unsere große Reise.

Unser Womo wurde am 14.4. von Hamburg aus verschifft und ist soeben in Halifax pünktlich angelandet. Wir fliegen am Donnerstag von London aus nach Halifax. Nachdem wir am Freitag bei der Spedition und dem Zoll die Formalitäten erledigt haben, können wir unser Zuhause für die nächsten 6 Monate hoffentlich unversehrt im Hafen abholen.

Zu unserer Webseite: Wann immer möglich werden wir hier Beiträge sowie Bilder in unserer Bildergalerie posten.
Oben im Menue findet ihr den Link Der Ruf der Wildnis, wo nähere Informationen zu unserer Reise zu finden sind.
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Einige Zeit werden wir ohne Mobilempfang sein, so dass unser Blog nicht immer aktuell sein wird.

Liebe Grüße und bleibt gesund, Lisa & Dietmar