Western-Legende im Schlangenland

Wir lassen die Teton Mountains hinter uns und tauchen ein in die fruchtbaren Ebenen Idahos. Das Landschaftsbild ist geprägt von Getreidefeldern und weithin sichtbaren Silos. Die Vegetation hier ist üppig und lässt auf genügend Niederschläge schließen. Wir befinden uns immer noch auf 1.500 m Höhe und fahren noch einmal Richtung Yellowstone Park. Westkurs ist angesagt, in dem Bewusstsein, dass wir für die 5.000 km bis Halifax, wo wir unsere Rückreise antreten werden, noch fünf Wochen Zeit haben. Langsam ansteigend auf 2.000 m passieren wir erneut den West Eingang des Yellowstone. Mehr als 3.000 km sind wir den Rocky Mountains von ihrem nördlichen Ende aus gefolgt. Jetzt heißt es von den Bergen Abschied nehmen. Noch einmal überqueren wir die Rockies im Yellowstone Park. Die Besichtigung der Mammoth Hot Springs ist ein Highlight, das uns im Yellowstone noch gefehlt hat. Es hat Jahrtausende gebraucht, die beeindruckenden Sinterterassen entstehen zu lassen. Danach verlassen wir über den Nordost Ausgang Richtung Beartooth Pass den Park. Wir folgen dem Shoshonen River auf dem Chief Joseph Highway. Immer wieder halten wir angesichts der überwältigenden Aussicht auf die tief eingeschnittenen Täler des Flusses. Der Dead Indian Hill Pass führt uns auf 2.447 m direkt in die Ebene Wyomings, wo unser nächstes Ziel, die Stadt Cody, liegt.

William F. Cody genannt “Buffalo Bill” galt als die Personifizierung des amerikanischen Western Helden und ist einer der Stadtgründer. Wir besuchen das Buffalo Bill Center. Tatsächlich ist Codys Lebensweg eng verbunden mit der Eroberung des Westens und den letzten Indianerkriegen. Unzählige Erzählungen und Geschichten ranken sich um seine Person, obwohl nicht immer heldenhaft. Internationalen Ruhm erlangt er mit seiner Idee der Westernshow, die er schließlich auch in die alte Welt exportierte. 500 Rinder, Pferde und Bisons sowie 600 Mitwirkende sind Teil seiner Shows. Damit bringt er dem staunenden europäischen Publikum den Wilden Westen bis in die großen Städte Europas hinein. Zu bestaunen im Center ist auch der Ring, den er von König Ludwig nach seiner Show in München geschenkt bekommen hat. Schließlich setzt das aufkommende Kino seinem Erfolg ein Ende. In Cody wird sein Erbe bis heute gepflegt und entwickelte sich zum Touristenmagnet.  

Wir entschließen uns nach Halifax nicht den kürzeren Weg durch die USA zu nehmen, sondern wieder durch Kanada an den großen Seen vorbei, mit der Einsamkeit und Ruhe des hohen Nordens Ontarios und Quebecs zu fahren.

Die Goose Badlands ist eine wüstenähnliche Ebene vor den Bighorn Mountains. Sie beherbergt die größte Population der Westlichen Klapperschlange im Norden der USA. Bei unserer Wanderung sind wir achtsam, sehen allerdings nur ein überfahrenes Exemplar. Wir hätten zwar an den Bighorn Mountains vorbei fahren können, allerdings ziehen uns die Berge magisch an, so dass wir diesen letzten Gebirgszug vor den Great Plains bis auf 2.700 m genießen. Auf der Hochebene taucht plötzlich eine riesige Rinderherde auf. Sie wird von mehreren Cowboys und Cowgirls auf Pferden zusammengehalten und steht wohl vor dem Abtransport ins Tal. Eine tolle filmreife Szenerie, die für einen Western taugen würde.

Wir kommen am Little Big Horn an. 1876 errangen hier die Sioux Indianer den letzten Sieg gegen die Armee des General Custers, zu der auch William Cody gehörte. Es war das Ende der Indianerkriege und konnte ihre Umsiedlung in Reservate nicht verhindern. 

North Dakota ist ein typisches Great Plains Land, durch das unser Weg führt. Die Weizenernte ist in vollem Gange. Auf den riesigen Flächen Mähdrescher aller bekannten Marken und davon ausschließlich die größten Exemplare. Wir passieren mehrere sattgrüne Äcker. Ich kann kaum glauben, was dort wächst. Zuckerrüben! Und das in den regenärmsten Regionen des Landes! Die Rübenäcker sind mit Furchen durchzogen und werden wie Reisfelder bewässert. Die Bodenqualität ist gut, kein Wunder also, dass die Rüben gedeihen.

Im Norden Idahos fahren wir an zahlreiche Ölfeldern vorbei, deren Pumpen sich im gleichförmigen auf und ab von der Eintönigkeit der Landschaft absetzen. Die Felder ziehen sich bis nach Sasketchewan hinein, dass wir nach dem Grenzübertritt nach Kanada erreichen. Mit dem kanadischen Grenzer entwickelt sich ein nettes Gespräch. Unsere Bemerkung, dass wir in den USA nur drei Kanadier getroffen haben, quittiert er nur lächelnd mit einem Schulterzucken. Irgendwie sind wir froh, wieder in unserem geliebten Kanada zu sein.

2 Gedanken zu „Western-Legende im Schlangenland“

  1. Hallo Dietmar
    Wie immer in deinen Schilderungen im schnörkellos Stil, allerdings mit viel Adjektiven die wiederum das Erzählte lebendig erscheinen lassen. Und dazu auserwählte, ausdruckstarke Bilder.
    Danke dafür.
    Nach so langer Zeit kommt bei nahendem Tourende sicherlich Wehmut auf, allerdings auch Freude auf die Heimkehr. Bis dahin gilt es noch den berühmten Indiansummer zu genießen und uns nochmals durch deinen Beitrag mit zu begeistern.
    Liebe Grüße
    Michael

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